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Menschenrechte und Friedensordnung – eine Sackgasse? - 50 Jahre Pacem in Terris

Im Rahmen der Langen Nacht der Kirchen am 24. Mai 2013 fand in der Militärpfarre Wien eine ökumenische Diskussionsveranstaltung statt, die vom Institut für Religion und Frieden organisiert wurde. Der katholische Theologe Josef Hofer sprach mit dem evangelischen Militärsenior Karl-Reinhart Trauner und dem Mediziner, Chemiker, orthodoxen Theologen und Militärseelsorger Alexander Lapin über „Menschenrechte und Friedensordnung – eine Sackgasse? Das Anliegen von Pacem in Terris (1963) im ökumenischen Gespräch“.
Ein Bericht von Christian Wagnsonner   

Ausgangspunkt war die Enzyklika „Pacem in Terris“, die Papst Johannes XXIII. heuer vor 50 Jahren kurz vor seinem Tod veröffentlicht hat. Erstmals wendet sich eine Enzyklika nicht nur an die Bischöfe bzw. alle Christgläubigen, sondern an alle Menschen guten Willens. Bereits in der Präambel sind mit Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe und Freiheit die vier Leitmotive der Enzyklika angesprochen. Die Anfangsworte „Pacem in Terris“ (Friede auf Erden) sind dem Lukasevangelium entnommen: Die Hirten auf dem Feld hören sie nach der Geburt Jesu eine Schar von Engeln sprechen. Johannes XXIII. ist sich dessen bewusst, dass dieser Friede auf der Erde noch nicht da ist, sondern erst errichtet werden muss. Er hängt wesentlich mit der Beachtung der von Gott gegründeten Ordnung zusammen. Erste und grundlegende Ebene ist die Ordnung unter den Menschen: Der Mensch hat als Person aufgrund seiner Natur Würde und unveräußerliche Rechte, aber auch Pflichten, ohne die die Beachtung und der Schutz der Menschenrechte nicht möglich ist.
Aufbauend auf die Darstellung der Beziehungen zwischen den Menschen und der Staatsgewalt sowie der Beziehungen der Staaten untereinander kommt der Papst zuletzt auf die vierte Ebene, die Beziehungen zwischen den Staaten und der Völkergemeinschaft zu sprechen.
Er gibt seiner Überzeugung Ausdruck, dass alle Menschen eine Menschheitsfamilie bilden. Da die Autorität der Lenker der Nationalstaaten allein nicht ausreicht, um das Gemeinwohl auf globaler Ebene zu fördern, sei eine Weltautorität, eine universale politische Gewalt notwendig. Die Organisation der Vereinten Nationen solle entsprechend weiterentwickelt werden, „damit bald die Zeit komme, in der diese Vereinigung die Rechte der menschlichen Person wirksam schützen kann.“
 
In den letzten Jahrzehnten gab die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) eine Reihe von friedensethischen Dokumenten heraus („Schritte auf dem Weg des Friedens“, 1994; „Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“, 2002; „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“, 2007). Sie hatten zwar nicht die globale Reichweite von Pacem in Terris, entstanden aber in internationaler Kooperation und waren von ähnlich umfassendem Charakter. Im Bereich der Orthodoxie hat die Herausgabe sozialethischer Dokumente keine lange Tradition, hervorzuheben ist aber vor allem die Sozialdoktrin der Russisch-Orthodoxen Kirche, in der sich die russische Orthodoxie in den 1990er Jahren in einer Zeit des Umbruchs gegenüber Staat und Gesellschaft neu positionierte.
 
Als Pacem in terris geschrieben wurde, wurden in den kommunistischen Ländern Osteuropas zahlreiche Geistliche der orthodoxen Kirchen, aber auch anderer Religionsgemeinschaften, getötet bzw. inhaftiert, Kirchengebäude zerstört und Pfarren aufgelassen. Durch Gründung staatsnaher kirchlicher Organisationen versuchte man nicht selten, die Mitglieder der Kirchen gegeneinander auszuspielen: So wurde 1971 in der Tschechoslowakei ein „Verein der katholischen Geistlichen Pacem in Terris“ gegründet, dessen Mitglieder mit dem Regime zusammenarbeiteten und marxistisch-leninistische Positionen vertraten.
 
Leider gelang es nicht, eine breite (kirchliche) Öffentlichkeit mit den Konzepten der Enzyklika Pacem in terris vertraut zu machen, ihr politischer Einfluss war deshalb begrenzt. In jüngster Zeit wurden zentrale Gedanken von Pacem in terris von Papst Benedikt XVI. in seiner Enzyklika „Caritas in veritate“ aufgegriffen.
Vielleicht können die zahlreichen Gedenkveranstaltungen zum 50. Jahrestag ihres Erscheinens ein Anlass dazu sein, sich als Christ bzw. kirchliche Gemeinschaft verstärkt in die gesamtgesellschaftliche Diskussion über Unverlierbarkeit, Begründung und Schutz der Menschenrechte einbringen und die Bildung einer effizienteren internationalen Friedensordnung voranzutreiben.