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Zum Anlass der Jubiläen 50 Jahre katholische Militärseelsorge im Österreichischen Bundesheer und 20 Jahre Apostolische Konstitution "Spirituali Militum Curae" fand am 10. Mai 2006 ab 10.00 Uhr, im Seminarzentrum Jakob Kern-Haus der Militärpfarre beim Militärkommando Wien der Studientag PRO PACE ET IUSTITIA statt.
Hochrangige Vertreter aus den bereichen Politik, Militär und Kirche nahmen an der Veranstaltung teil, die mit den Vorträgen "Schwerter und Pflugscharen” - (Dr. Agnethe Siquans), “Liebe, Gerechtigkeit und Gewalt” - (Msgr. Dr. Werner Freistetter), “20 Jahre Apost. Konst. Spirituali Militum Curae” - (Univ. Prof. Dr. Dr. Hugo Schwendenwein) die wissenschaftliche Basis und die historisch-rechtlichen Grundlagen für das Wirken der Militärseelsorge ausleuchtete.
Anschließend fand ein Festakt im Garnisonskasino der Maria Theresien-Kaserne statt. Die Festansprache hielt der Kommandant des Komandos für Internationale Einsätze und design. Kommandant der Streitkräfte des Bundesheeres, GenMjr Mag. Günter Höfler. Den festlichen Rahmen für diese Veranstaltung bot das Streichquartett der Gardemusik.
 
Festansprache von GenMjr Mag. Günter Höfler im Wortlaut:
Hochwürdigster Herr Militärbischof,
sehr geehrter Herr Militärgeneralvikar,
sehr geehrter Herr Militärsuperintendent,
geschätzte Militärseelsorger und Kameraden,
sehr geehrte Damen und Herren!
 
Sehr gerne habe ich die Einladung von Herrn Militärgeneralvikar Monsignore Dr. Franz Fahrner angenommen, heute beim Festakt anlässlich des Studientages "Pro Pace et Iustitia“ zu Ihnen zu sprechen.
Der Anlass für die Durchführung des Studientages sind zwei Jubiläen, welche die österreichische Militärseelsorge in diesem Jahr begeht, nämlich
  50 Jahre Militärseelsorge im Bundesheer der zweiten Republik und
  20 Jahre Apostolische Konstitution "Spirituali Militum Curae“,
jenes päpstliche Dokument, welches die Grundlage für das Militärordinariat der Republik Österreich darstellt.
 
Lassen Sie mich zunächst kurz zurückblicken:
Mit dem Beschluss des Wehrgesetzes vom 7. September 1955 wurde die gesetzliche Grundlage für die Aufstellung des Bundesheeres geschaffen, und  die österreichische Bischofskonferenz war von Anfang an bemüht, die Militärseelsorge einzurichten.
 
Ihr damaliger Sekretär, Dr. Alfred  Kostelecky, arbeitete konsequent und unermüdlich daran, die politische Zustimmung für die Einführung der Militärseelsorge zu erreichen. Schließlich wurde am 4. Oktober 1956 vom Ministerrat die Errichtung der Militärseelsorge im Bundesheer beschlossen, wenige Tage später traten die ersten vier Militärseelsorger ihren Dienst an.
 
Am 21. Februar 1959 wurde der Erzbischof von Wien, Franz Kardinal  König, von Papst Johannes XXIII. zu seinem Stellvertreter in diesem Seelsorgebereich, zum &dbquo;Vicarius Castrensis“, zum Militärvikar des österreichischen Bundesheeres ernannt. Damit war ein bedeutender Schritt in der Struktur der Militärseelsorge gemäß dem geltenden Kirchenrecht getan.
 
Durch Verträge zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl wurde in weiterer Folge die Angleichung der Territorien der Diözesen an die Gebiete der Bundesländer erreicht, somit gab es neun Diözesen und die Militärseelsorge im Bundesheer stellte als die "10. Diözese“ eine eigene, alle Bundesländer umfassende kirchliche Institution unter Leitung des Militärvikars dar.
 
Unter Militärvikar Franz Kardinal König erfolgte eine erste personelle und organisatorische Konsolidierung der Militärseelsorge,
am 8. Mai 1969 folgte ihm der von Papst Paul VI. ernannte neue Militärvikar, der Diözesanbischof von St. Pölten, Dr. Franz Zak nach. Die 70er Jahre waren in Österreich militärisch besonders geprägt durch das Konzept der "Raumverteidigung“.
 
Vor allem die enorm gestiegene Bedeutung der Miliz erforderte einen erhöhten Bedarf an Militärseelsorgern. Dies führte zu einer verstärkten Einbeziehung von Seelsorgen aus dem zivilen Bereich als Militärseelsorger der Miliz und der Reserve. Diese Herren stellen auch heute noch eine sehr wesentliche Personalreserve für die Verwendung in unseren internationalen Einsätzen dar.
 
Die Apostolische Konstitution "Spirituali Militum Curae“,  von Papst Johannes Paul II. am 21. April 1986 erlassen,  schuf erstmals die Möglichkeit, einen eigenen Militärbischof, der einem Diözesanbischof gleichgestellt ist, zu ernennen. Schließlich wurde am 12. November 1986 der langjährige Sekretär der Bischofskonferenz, Prälat Dr. Alfred Kostelecky, zum ersten Militärbischof von Österreich ernannt. Damit begann ein neues Kapitel in der Geschichte der Österreichischen Militärseelsorge.
 
In der Folge wurde das Militärvikariat in Militärordinariat umbenannt und die für die Führung und Verwaltung dieser "Diözese“ erforderliche Administration geschaffen. Militärbischof Dr. Kostelecky war auch der Kirchengeschichte und der Tradition sehr verbunden. Er wirkte maßgeblich daran mit, dass das seinerzeitige Bistum Wiener Neustadt, welches im Jahre 1783 aufgehoben wurde, Titularbistum wurde.
 
Papst Johannes Paul II. transferierte Militärbischof Dr. Kostelecky auf dieses Bistum, und seitdem ist Wiener Neustadt nach einer über 200 Jahre langen Unterbrechung wieder Bischofssitz. Nach dem Tod von Militärbischof Dr. Kostelecky übernahm der bisherige Bischofskoadjutor und Militärgeneralvikar Mag. Christian Werner die Leitung der "10. Diözese“. Unser sehr geschätzter Militärbischof Mag. Werner wird heute in der Ausübung der Militärseelsorge vor allem von seinem Militärgeneralvikar Dr. Franz Fahrner und sehr vielen hier anwesenden Damen und Herren unterstützt.
 
Die Aufgaben der Militärseelsorge sehe ich, kurz zusammengefasst, zweigeteilt:
  die umfassende Betreuung der Soldaten aller Dienstgrade und unserer Zivilbediensteten im Inland und im Rahmen internationaler Einsätze und 
  die Unterstützung der Familienangehörigen.
 
Da ich selbst die Militärseelsorge des österreichischen Bundesheeres, vor allem im Rahmen internationaler Einsätze, als tatsächliche gelebte Ökumene erfahren habe, und in den Einsatzräumen auch immer wieder den Militärsuperintendenten Mag. Oskar Sakrausky antreffe, beziehen sich meine folgenden Ausführungen auf die Militärseelsorge der katholischen und der evangelischen Kirche.
 
Die umfassende seelsorgliche, menschliche und moralische Betreuung, Begleitung und Bildung der Rekruten, des Kaderpersonals und der Zivilbediensteten erfolgt durch ein breites Spektrum von Aktivitäten.
Im Rahmen von
  lebenskundlichen Unterrichten für Rekruten
  Kaderfortbildungen
  militärethischen Seminaren
  Feiern der Sakramente und
  vielfältigen Segensfeiern und Andachten
werden wir von den Militärseelsorgern betreut.
 
Sie begleiten und unterstützen uns und vermitteln ethische Grundnormen, die für unsere Gesellschaft von grundlegender Bedeutung sind. In den internationalen Einsätzen hat die Tätigkeit der Militärseelsorger eine besondere Bedeutung. Seit dem Jahre 1972, seit dem Einsatz eines österreichischen Infanteriebataillons auf Zypern, ist im Organisationsplan größerer Kontingente immer ein Militärpfarrer vorgesehen.
 
So ist bei den internationalen Einsätzen des österreichschen Bundesheeres,  etwa seit 1974 auf den Golanhöhen, seit 1996 in Bosnien-Herzegowina, seit 1999 im Kosovo,  der Militärseelsorger immer ein ständiger und wertvoller Angehöriger unserer Truppenkontingente. Kleinere Kontingente, wie jene in Afghanistan, wurden temporär militärseelsorglich betreut. Auch beim Austrian Humanitarian Contingent in Albanien 1999 war stets ein Militärseelsorger im Einsatz.
 
Und beim letzten Einsatz des AFDRU-Kontingentes in Pakistan beispielsweise, war die Situation zu Beginn der Arbeit im Erdbebengebiet für die Soldaten so belastend, dass ein unverzüglich in den Einsatzraum entsandter Militärseelsorger wertvolle Unterstützung leisten konnte. Die schwierigen Lebensumstände in den Einsatzräumen, der oft auch sensible und gefährliche militärische Auftrag und die Trennung von den Familien zu Hause, belasten den Soldaten im Einsatz. Hier wird der Militärseelsorger, der Priester zum Kameraden. Der Seelsorger genießt aufgrund seiner seelsorglichen Amtsverschwiegenheit eine Sonderstellung.
 
Er ist im Bundesheer die Ansprechperson, der man alles sagen kann. Ihm kann sich der Soldat voll anvertrauen, und das gibt vor allem in Ausnahmesituationen den so wichtigen Rückhalt. Wenn ich in den Einsatzräumen bin, suche ich, wann immer möglich, das Gespräch mit dem Militärseelsorger, um ein erstes Stimmungsbild des Kontingentes zu erhalten. Meine zweite Frage ist meist, ob der Militärseelsorger wohl den erforderlichen Zugang zum Kommandanten hat.
 
Denn richtig eingesetzt, wird der Militärseelsorger auch zu einem besonders wichtigen Mitglied des Stabes, vor allem wenn es gilt, menschliche Probleme bereits im Ansatz zu erkennen und so leichter lösen zu können. Wie geschätzt die Tätigkeit der Militärseelsorger ist, zeigt sich auch daran, dass vor allem bei internationalen Einsätzen religiöse Feiern und Gespräche sehr gerne angenommen werden, der Empfang von Sakramenten nachgeholt wird und von der Kirche Ausgetretene wieder in die Gemeinschaft aufgenommen werden wollen.
 
Im Umfeld der steigenden Anzahl der internationalen Einsätze ist die Unterstützung der Familien in der Heimat immer wichtiger geworden. Ehepartner und Kinder haben während der Zeit der Abwesenheit ihrer Familienangehörigen durch deren Teilnahme an internationalen Einsätzen daheim viel zu bewältigen.
 
Auch die Rückkehr der Soldaten nach Hause kann mit besonderen Problemen verbunden sein, sei es durch belastende Erlebnisse und Erfahrungen im Einsatz oder auch durch inzwischen stattgefundene Entwicklungen im Leben der Familien.
 
Beim Eintreten eines Todesfalles im internationalen Einsatz oder während des Dienstes in Österreich, oder beim Tod eines Angehörigen eines Soldaten ist der Militärseelsorger besonders gefordert.
Kompetenz und Mitgefühl sind eine sehr wesentliche Hilfe im Ertragen des Schmerzes über den Verlust eines Angehörigen oder Kameraden. All diese Erscheinungen und Entwicklungen finden heute nicht im Rahmen eines einzelnen Staates oder einzelner nationaler Streitkräfte statt. Sie sind aufgrund der gegebenen komplexen Multinationalität im Kontext anderer Staaten, vor allem jenen der Europäischen Union zu sehen. Dies führt zu einer verstärkten, ständig wachsenden gesamteuropäischen und internationalen Zusammenarbeit der Militärseelsorge verschiedener Konfessionen.
 
Zusammenfassend möchte ich feststellen:
• Die Militärseelsorge ist ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Bundesheeres geworden
• ihre Aufgaben im Bereich der Betreuung, der Begleitung, der Persönlichkeits- und Gewissensbildung, sind im Hinblick auf die steigende Anzahl realer, sensibler, vor allem internationaler Einsätze umfassender und weitreichender geworden
• ähnlich wie in der Sicherheitspolitik, sind auch die pastoralen und ethischen Herausforderungen, die sich durch die weitere Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik stellen, zunehmend nur gemeinsam, also multinational zu bewältigen.
 
Ich darf die Gelegenheit wahrnehmen, um Ihnen:
Hochwürdigster Herr Militärbischof,
Herr Militärgeneralvikar,
Herr Militärsuperintendent und 
allen Militärseelsorgern
für ihre wertvolle, am Menschen orientierte, geschätzte Arbeit persönlich und im Namen der mir anvertrauten Soldaten zu danken.
 
Meine aufrichtigen und kameradschaftlichen Glückwünsche zu den beiden Jubiläen!
Ich freue mich auf die weitere, in Zukunft noch engere Zusammenarbeit!
 
"Gratiam vobis ago pro labore vestre  – ad multos annos !“